Angststörungen stellen mit einer Lebenszeitprävalenz von bis zu 16,6% die häufigste psychische Störungsgruppe dar [1]. Ob spezifische Phobien, Panik- oder generalisierte Angststörungen – Kennzeichen aller Angstsyndrome sind exzessive emotionale Ängste und ein Ungleichgewicht des autonomen Nervensystems. Letzteres äußert sich in Form einer Übererregung des Sympathikus (= verstärkte Stressreaktionen) bei gleichzeitig verringerter Aktivität des parasympathischen Systems (= mangelhafte Entspannungsreaktionen).

Neben der kognitiven Verhaltenstherapie konnten sich diverse Entspannungstechniken (z.B. progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, autogenes Training oder Meditation) als eine vielversprechende Interventionsmethode etablieren [2]. Da bereits nachgewiesen werden konnte, dass Angstpatienten pathologische Atemparameter aufweisen [3], konzentriert sich eine Entspannungstherapie in der Regel auf das Erlernen einer tiefen und langsamen Bauchatmung.

Biofeedback bei respiratorischen Symptomen

Mittels eines Atemsensors kann man sowohl Atemfrequenz und -tiefe, als auch die Beteiligung der Brust beziehungsweise des Bauches an der Atmung erfassen und für den Probanden sichtbar machen. Infolgedessen bietet Biofeedback die Möglichkeit, diese Parameter willentlich in eine gewünschte Richtung zu verändern. Ziel einer solchen „Atemschule“ ist die individuelle Zusammenstellung von Atemparametern, die trainiert werden sollen, eine Stabilisierung von neu erlernten Atemmustern und ein bewusster Einsatz dieser in Stresssituationen außerhalb der therapeutischen Praxis.

Evidenz des Atemtrainings mit Biofeedback

Generell bringt Atemtraining mit Biofeedback bereits nach sechs bis zwölf Sitzungen spürbare Erfolge mit sich [4]. Reiner konnte 2008 aufzeigen, dass ein dreiwöchiges Training einer tiefen und rhythmischen Atmung die Angstsymptomatik von Probanden mit sympathischer Übererregung sowohl objektiv, als auch subjektiv reduzieren kann. Darüber hinaus bewerteten die untersuchten Teilnehmer Biofeedback im Vergleich zu anderen Entspannungstechniken als hilfreicher [5].

Die Forschungsgruppe um Meuret, Wilhelm und Roth baute mehrere Studien auf der Hyperventilationstheorie von Panikstörungen [6] auf und demonstrierte, dass ein vierwöchiges atemspezifisches Biofeedbacktraining auch ohne expliziter kognitiver Umstrukturierung Paniksymptome signifikant verringert [7-9] und seine Wirksamkeit selbst nach einem Jahr aufrechterhalten kann [9]. Die Verbesserung der Angstsymptomatik korreliert dabei signifikant mit der Verbesserung der respiratorischen Werte, die trainiert werden.

Auch im Kontext von spezifischen Phobien, wie der Flug- oder Dentalangst, konnte Biofeedback seine Effektivität unter Beweis stellen. Kombinierte man multimodales Biofeedback mit einer Konfrontation via Flugsimulator, so zeigte diese Intervention drei Monate später ihre klare Überlegenheit gegenüber isolierten Konfrontationen in vivo oder sensu – sämtliche Probanden meisterten einen Flug ohne Medikation [10]. Ein einmaliges respiratorisches Biofeedback im Vorfeld einer zahnärztlichen Behandlung zog eine signifikante Reduktion der Angstsymptomatik und des Schmerzempfindens nach sich [11].

Quellen:

[1] Somers, J. M., Goldner, E. M., Waraich, P., & Hsu, L. (2006). Prevalence and Incidence Studies of Anxiety Disorders: A Systematic Review of the Literature.Canadian Journal of Psychiatry, 51(2), 100-113. doi: 10.2174/157340006778018193.

[2] Manzoni, G. M., Pagnini, F., Castelnuovo, G., & Molinari, E. (2008). Relaxation Training for Anxiety: a Ten-Years Systematic Review with Meta-Analysis. BMC Psychiatry, 8:41. doi: 10.1186/1471-244X-8-41. doi: 10.1186/1471-244x-8-41.

[3] Wilhelm, F. H., Gevirtz, R., & Roth, W. T. (2001). Respiratory Dysregulation in Anxiety, Functional Cardiac, and Pain Disorders: Assessment, Phenomenology, and Treatment. Behavior Modification, 25(4), 513-545. doi: 10.1177/0145445501254003.

[4] Brauer, A. (1999). Biofeedback and Anxiety. Psychiatric Times, 16(2), 1-2.

[5] Reiner, R. (2008). Integrating a Portable Biofeedback Device into Clinical Practice for Probands with Anxiety Disorders: Results of a Pilot Study. Applied Psychophysiology and Biofeedback, 33, 55-61. doi: 10.1007/s10484-007-9046-6.

[6] Meuret, A. E., Wilhelm, F. H., Ritz, T., & Roth, W. T. (2003). Breathing Training for Treating Panic Disorder: Useful Intervention or Impediment? Behavior Modification, 27(5), 731-754. doi: 10.1177/0145445503256324.

[7] Meuret, A. E., Wilhelm, F. H., & Roth, W. T. (2001). Respiratory Biofeedback-Assisted Therapy in Panic Disorder. Behavior Modification, 25(4), 584-605. doi: 10.1177/0145445501254006.

[8] Meuret, A. E., Wilhelm, F. H., & Roth, W. T. (2004). Respiratory Feedback for Treating Panic Disorder. Journal of Clinical Psychology, 60(2), 197-207. doi: 10.1002/jclp.10245.

[9] Meuret, A. E., Wilhelm, F. H., Ritz, T., & Rith, W. T. (2008). Feedback of End-Tidal pCO2 as a Therapeutic Approach for Panic Disorder. Journal of Psychiatric Research, 42(7), 560-568. doi: 10.1016/j.jpsychires.2007.06.005.

[10] Wiederhold, B. K., Jang, D. P., Gevirtz, R. G., Kim, S. I., Kim, I. Y., & Wiederhold, M. D. (2002). The Treatment of Fear of Flying: A Controlled Study of Imaginal and Virtual Reality Graded Exposure Therapy. IEEE Transactions of Information Technology in Biomedicine, 6(3), 218-223. doi: 10.1109/titb.2002.802378.

[11] Morarend, Q. A., Spector, M. L., Dawson, D. V., Clark, S. H., & Holmes, D. C. (2011). The Use of a Respiratory Rate Biofeedback Device to Reduce Dental Anxiety: An Exploratory Investigation. Applied Psychophysiology and Biofeedback, 36, 63-70. doi: 10.1007/s10484-011-9148-z.