Gehirnwellen aktiv beeinflussen
Was ist Neurofeedback?
Neurofeedback, auch bekannt als EEG-Feedback oder EEG-Biofeedback, ist eine spezielle Form des Biofeedbacks, bei der Klient:innen Rückmeldung über die eigene Gehirnaktivität gegeben wird. Das Ziel ist es, diese Gehirnaktivität bewusst zu beeinflussen und zu steuern.
Klient:innen lernen körpereigene Funktionen (in diesem Fall die Gehirnwellen) aktiv zu beeinflussen und zu kontrollieren. Auf dieser Seite erfahren Sie alles Wissenswerte über diese faszinierende Methode.
OPERANTE KONDITIONIERUNG
Wie funktioniert Neurofeedback?
Neurofeedback funktioniert ähnlich wie Biofeedback: Klient:innen sitzen vor einem Bildschirm und beobachten Ihre Hirnfunktionen, welche durch ein Neurofeedbackgerät erfasst werden. Durch das Erleben und Verstehen der Auswirkungen verschiedener Strategien auf diese Funktionen lernen Klient:innen, ihre Gehirnströme gezielt zu trainieren.
Das Neurofeedbackgerät erfasst EEG-Wellen (Gehirnstromkurven) und zerlegt diese in unterschiedliche Frequenzbänder. Die Stärke dieser Frequenzbänder ist abhängig von der Aufmerksamkeit und dem Bewusstseinszustand der Klient:innen. Zum Beispiel zeigt sich das Beta-Band bei fokussierter Aufmerksamkeit besonders stark (siehe Abschnitt „Frequenzbänder“).
Durch die Rückmeldung auf den Bildschirm werden Klient:innen darin trainiert, die Aktivität bestimmter Frequenzbänder bewusst zu steuern. Neurofeedback basiert auf dem Prinzip der operanten Konditionierung, bei dem positives Feedback das gewünschte Verhalten verstärkt.
In der Praxis kann dies beispielsweise bedeuten, dass ein Kind während der Neurofeedback-Sitzung eine Märchengeschichte hört, die immer dann weiterläuft, wenn die gewünschte Frequenzband-Aktivität erreicht wird. Dadurch wird das gewünschte Verhalten unbewusst verstärkt.
Das Neurofeedback-Modell ist eng verwandt mit dem Konzept der neuronalen Fehlregulation. Hier wird davon ausgegangen, dass viele zentralnervöse Störungen in einer Fehlregulation kortikaler Strukturen begründet liegen. Ziel des Neurofeedbacks ist es, durch gezieltes Training diese Fehlregulation zu behandeln.
Erfassung und Training
Im Neurofeedback wird häufig das Frequenzbandtraining eingesetzt, bei dem der Fokus auf der gezielten Beeinflussung der einzelnen EEG-Frequenzbänder liegt. Hierbei werden bestimmte Frequenzbänder entweder verstärkt oder reduziert, je nach den therapeutischen Zielen und dem spezifischen Störungsbild. Zum Beispiel wird bei ADHS oft die Aktivität im Beta-Band erhöht und das Theta-Band reduziert.
Das EEG-Signal wird durch Elektroden auf der Kopfhaut erfasst. Diese Rohdaten werden vom Neurofeedback-System in verschiedene Frequenzbänder zerlegt.
Weitere Varianten des Neurofeedbacks sind z. B. das SCP-Training oder Z-Score.
Delta-Wellen
Delta-Wellen sind die langsamsten Gehirnströme und treten im Frequenzbereich zwischen 0,1Hz bis 4Hz auf. Diese Wellen sind typisch für die (meist) traumlose Tiefschlafphase. In pathologischen Zuständen können Delta-Wellen jedoch auch bei Erwachsenen im Wachzustand auftreten.
Theta-Wellen
Theta-Wellen treten im Frequenzbereich von etwa 4Hz bis 8Hz auf. Sie sind typischerweise mit Zuständen wie Schläfrigkeit und leichter Ablenkbarkeit verbunden. In Bezug auf ADHS zeigen Studien oft, dass die Theta-Aktivität übermäßig ausgeprägt ist. Daher besteht ein Ziel im Neurofeedback-Training darin, die Theta-Aktivität zu regulieren.
Alpha-Wellen
Alpha-Wellen sind ein typisches Merkmal eines entspannten, aber wachen Zustands. Sie treten im Frequenzbereich von etwa 8 Hz bis 12 Hz auf, hauptsächlich bei geschlossenen Augen. Werden die Augen geöffnet oder wird bei geschlossenen Augen eine kognitive Aufgabe gelöst, werden die Alpha-Wellen durch Beta-Wellen ersetzt.
Beta-Wellen
Als Beta-Wellen werden Signale im Frequenzbereich von 12 Hz bis 30 Hz bezeichnet, welche vor allem in einem Zustand bewusster aktiver Konzentration und Informationsverarbeitung vorkommen. Das Auftreten von Beta-Wellen kann aber auch verschiedene Ursachen haben. Physiologisch z. B. treten sie bei konstantem Anspannen eines Muskels oder bei aktiver Konzentration auf.
Das Beta-Band wird üblicherweise weiter in einzelne Bestandteile aufgeteilt:
- SMR (13-15Hz)
- LoBeta (16-18Hz)
- Beta (19-23Hz)
- HiBeta (24-30Hz)
Je nach Störungsbild ist es sinnvoll, diese „Unterbänder“ direkt zu trainieren.
Gamma-Wellen
Signale im Frequenzbereich von über 30 Hz werden als Gamma-Wellen bezeichnet. Diese Wellen sind mit sehr starker Konzentration oder Meditieren verbunden.
Beispielhafte Anwendungsgebiete
Für viele der angeführten Indikationsbereiche wurden stichhaltige Wirksamkeitsnachweise in Form von kontrollierten Studien erbracht und in Metaanalysen mittlere bis große Effekte gezeigt worden.
Das häufigste und bekannteste Anwendungsgebiet für Neurofeedback ist die Behandlung von ADHS. Ziel ist hier, das Beta-Band zu fördern und das Theta-Band zu mindern. So soll die Konzentration erhöht und die Ablenkung gemindert werden. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie unter „Neurofeedback bei ADHS“.
Ein weiteres bekanntes Anwendungsgebiet ist der Leistungssport. Hier wird Neurofeedback genutzt, um zu lernen, jene Anteile der Gehirnstromkurven, welche für den Fokus und die Konzentration stehen, bewusst zu aktivieren. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie hier.
Weitere Anwendungsgebiete von Neurofeedback sind z. B. Depression, Epilepsie, Suchterkrankungen oder Schlafstörungen.
Biofeedback oder Neurofeedback: Was ist der Unterschied?
Diese Frage gehört zu einer der häufigsten, die wir im Zuge von Beratungsgespräche gestellt bekommen. Dies ist nicht verwunderlich, schließlich werden die beiden Begriffe auf den ersten Blick als völlig grundverschieden wahrgenommen.
Falls Sie gerade weniger Zeit haben, lassen Sie uns die Frage einmal gleich übersichtlich beantworten: „Neurofeedback ist eine spezielle Form des Biofeedbacks“. So wird es z.B. auch auf Wikipedia beschrieben.
Bei dem, was gemeinhin als Biofeedback bezeichnet wird, ist das periphere Biofeedback gemeint, also die Erhebung von Parametern wie dem Hautleitwert, der Muskelspannung oder auch der Temperatur. Also alles Dinge, welche üblicherweise dem Komplex „Körper“ zugeordnet werden.
Neurofeedback andererseits, wird auch als EEG-Feedback bezeichnet und misst Gehirnstromkurven über ein EEG. Neurofeedback befasst sich also „lediglich“ mit dem Gehirn.
Und das sind auch schon die relevantesten Unterschiede. Es hat sich lediglich eingebürgert, die beiden Methoden in Berichten, Literatur und Studien so darzustellen, als wären sie etwas völlig verschiedenes. Eine Theorie für die Entstehung der sprachlichen Trennung wäre, dass es Indikationen gibt, welche primär mit EEG-Feedback behandelt werden. Ganz vorne steht hier die Behandlung von ADHS. Dadurch könnte sich eine gewisse Eigenständigkeit etabliert haben.
Soll ich Biofeedback oder Neurofeedback nutzen?
Schon sehr früh hat es sich etabliert, dass Hersteller entweder Systeme für das periphere Biofeedback oder Neurofeedback anbieten. Sinnvoll ist allerdings die Kombination der beiden Methoden. Ein größeren Werkzeugkasten bietet eine größere Vielfalt um verschiedenste Problematiken anzugehen. Manche Systeme, wie das Neuromaster-System, bieten beide Optionen. Dies ist sowohl organisatorisch, als auch finaziell ein Vorteil.
Neurofeedback FAQ
Wo finde ich einen Neurofeedback-Therapeuten?
Probanden und Klienten können einen Biofeedback-Therapeuten in der Therapeuten-Datenbank der europäischen Biofeedback-Akademie finden.
Was ist der Unterschied zwischen Biofeedback und Neurofeedback?
Wo finde ich eine Neurofeedback-Ausbildung?
Die europäische Biofeedbackakademie bietet auch den Universitätslehrgang Biofeedback & Neurofeedback-Training in Zusammenarbeit mit der Sigmund Freud Privatuniversität an.
Wo finde ich Neurofeedback-Geräte?
Der Markt für Neurofeedbackgeräte hat mittlerweile eine beachtliche Größe erreicht. Wichtig ist zuallererst die Unterscheidung zwischen professionellen Geräten für Therapeuten, Ärzte, Coaches, etc. und spielerischen Heimgeräten. Letzte können als spielerischer erster Einstieg geeignet sein oder die Training in Absprache mit dem professionellen Anwender ergänzen, unserer Meinung nach aber auf keinen Fall ersetzen.
Für die Anschaffung der professionellen Geräte gelten die gleichen Vorschläge wie in unserer Liste zu Biofeedback-Geräten.
Was sind die Kosten einer Neurofeedbackbehandlung?
Kosten und Abrechnungsmöglichkeiten sind (mit Ausnahme der Ergotherapie in Deutschland) meist gleich/ähnlich wie jene von Biofeedback. Diese liegen zwischen €80 – €120 in Österreich und Deutschland, bzw. 80 CHF – 130 CHF in der Schweiz.
Ist Neurofeedback eine Kassenleistung?
Prinzipiell sollte immer bei den Krankenkassen nachgefragt werden, ob Behandlungskosten übernommen werden können. Einige Krankenkassen zeigen mittlerweile Bereitschaft dafür.
Wo finde ich eine Neurofeedback-Ausbildung?
Die Europäische Biofeedbackakdemie bietet auch den Universitätslehrgang Biofeedback & Neurofeedback-Training in Zusammenarbeit mit der Sigmund Freud Privatuniversität an.